SHS Gesellschaft für Beteiligungsmanagement mbH
14. März 2022 - Newsletter

Meilensteine der Medizin, Folge 4: Anästhesie

Wer heute eine schmerzhafte Zahnbehandlung über sich ergehen lassen muss, fragt ganz selbstverständlich seine Zahnärztin nach einer Spritze. Aber bei einer ersten OP mit Vollnarkose stellen sich wahrscheinlich viele Patienten die Frage, ob man wirklich nichts mitbekommen wird von der OP und den Schmerzen – trotz umfassender Aufklärung durch den Anästhesisten.

Das Wort Anästhesie stammt aus dem Altgriechischen (??????????) und bedeutet „ohne Empfindung, ohne Wahrnehmung“. Wie die zwei oben genannten Beispiele zeigen, unterscheidet man ganz grob zwischen einer Lokal- und einer Allgemeinanästhesie. Bei letzterer, auch Vollnarkose genannt, wird die Wahrnehmung insgesamt ausgeschaltet, der narkotisierte Patient hat kein Bewusstsein und somit auch kein Erinnerungsvermögen an den Eingriff, der bei ihm vorgenommen wurde. Bei der lokalen Teilnarkose werden hingegen nur einzelne Nervenleitungen am Schmerzentstehungsort blockiert, der Patient bleibt wach und kann – wenn er gute Nerven hat – dem Operateur bei der Arbeit zuschauen.

Schmerzlos behandeln

Die medizinische Behandlung ohne Schmerzen (und ohne die lähmende Angst vor Schmerzen) ist ein bedeutender Meilenstein der Medizin, der viele Etappen hat, von denen die ersten weit in die Antike zurückreichen.

Schon die alten Griechen erkannten, dass man einen vor Schmerzen um sich schlagenden Menschen schwerlich behandeln kann. Die betäubende Wirkung von Alkohol und der Opioide des Schlafmohns (Papaver somniferum) waren bereits Hippokrates bekannt. Auch andere Pflanzen wie Alraune, Bilsenkraut und Wasserschierling, heute den Giften zugeordnet, wurden von kundigen Kräuterfrauen und Kräutermännern seit Jahrhunderten verabreicht. Zu hohe Dosierungen mussten diese „überführten Hexen“ nicht selten selbst mit dem Leben bezahlen.

Beißkeil und Geschwindigkeit

Eine andere rustikale Anästhesie-Methode bestand in einem heftigen Schlag auf den Kopf, infolgedessen der Eingriff zwar durchgeführt werden konnte, der Patient jedoch nicht selten an den Folgen der Kopfverletzung verstarb. Sofern es die saisonalen Umstände zuließen, setzte man Eis zur Betäubung ein und klemmte Kriegsverletzten bei Amputationen zusätzlich einen Beißkeil zwischen die Zähne. Der Leibarzt Napoleons, Dominique Jean Larrey, soll während des Russlandfeldzugs zum Teil mehrere hundert Amputationen pro Tag durchgeführt haben. Statt Narkose setzte er auf Geschwindigkeit; er soll zwischen 60 und 90 Sekunden pro Amputation gebraucht haben, bei einer Überlebensrate, die deutlich über den üblichen 10 bis 15 Prozent gelegen haben soll.

Der japanische Chirurg Hanaoka Seishû führte 1804 die erste nachweisbare Operation unter einer gelungenen Vollnarkose mittels eines auf Alraune und Stechapfel beruhenden Anästhetikums durch. Leider sollte dieses Wissen wegen der damaligen Abschottungspolitik Japans erst viel später nach Europa gelangen. Praktiziert wurden im 18. und 19. Jahrhundert in Europa auch suggestive Methoden wie Hypnose, bei der der Patient in einen anderen Bewusstseinszustand versetzt werden sollte.

Durchbruch dank Sauerstoff

Erst mit der Entdeckung des Sauerstoffs im Jahr 1774 begann man die bewusstseinsverändernden Wirkungen verschiedener Gase zu testen, oft in Selbstversuchen. So fand Humphry Davy im Jahr 1800 heraus, dass eingeatmetes Lachgas (N2O) das Schmerzempfinden mindert. Die als unziemlich empfundenden, gelegentlich aufgetretenen Nebenwirkungen der Inhalationsanästhesie durch Lachgas, das auch als Partydroge bekannt war, verhinderten jedoch zunächst weitere Forschung zu den Inhalationsgasen.

Erst etwa ein halbes Jahrhundert später, am 16. Oktober 1846, gelang William Morton in Boston eine Tumorentfernung unter einer Äther-Vollnarkose. Dieser bahnbrechende Erfolg war die Geburtsstunde der modernen Anästhesie. Der Eingriff wurde im Journal of Medicine publiziert und gilt noch heute als eine der bedeutendsten medizinischen Veröffentlichungen.

Im 20. Jahrhundert fanden erneut wesentliche Entwicklungen in der Anästhesie in Deutschland und Europa statt. Insbesondere in den 30er und 40er Jahren wurden viele Narkose-Medikamente von deutschen Wissenschaftlern synthetisiert. Heute ist die Anästhesie so sicher wie nie zuvor. Dazu tragen zum einen bestens ausgebildete Anästhesieteams bei, die im OP eine zentrale Rolle spielen. Zum anderen schreitet die Entwicklung hochwirksamer und exakt dosierbarer Medikamente weiter voran. Daneben tragen aber auch die technisch anspruchsvollen Überwachungsmöglichkeiten der Patienten und die medizintechnischen Hilfsmittel, wie etwa Fixierungen, zu höherer Patientensicherheit bei.

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