SHS Gesellschaft für Beteiligungsmanagement mbH
29. Oktober 2020 - Newsletter

Mit Enzymen zum Corona-Impfstoff

Der Enzymhersteller c-LEcta ist eines der am schnellsten wachsenden Biotech-Unternehmen in Deutschland und wichtiger Zulieferer für zahlreiche Hersteller von Corona-Impfstoffen. Daneben werden c-LEcta-Produkte von weltweit agierenden Pharmaunternehmen und Nahrungsmittelkonzernen eingesetzt.

Im Interview erklärt c-LEcta Gründer Dr. Marc Struhalla, welche Rolle das Enzym DENARASE® bei der Herstellung von Impfstoffen gegen Corona spielt.

Herr Dr. Struhalla, die Biotechnologie spielt bei der Herstellung von Impfstoffen eine zentrale Rolle, und das nicht erst seit Corona. Wie hilft c-LEcta bei der Impfstoff-Produktion?

Dr. Marc Struhalla: Wir helfen der pharmazeutischen Industrie dabei, Impfstoffe effizient und sicher herzustellen. In den Produktionsverfahren für Impfstoffe entstehen unerwünschte Nebenprodukte, die entfernt werden müssen. Unsere DENARASE®-Produktfamilie dient genau diesem Zweck. Die Enzyme werden als Prozesshilfsstoffe bei der Produktion der Impfstoffe eingesetzt, und wir stellen diese Produkte unter höchsten Qualitätsstandards her. Zusätzlich vertreiben wir auch noch einen sogenannten ELISA-Kit, mit dem in der Qualitätskontrolle nachgewiesen werden kann, dass die zugesetzten Enzyme in dem sich anschließenden Reinigungsverfahren auch wieder entfernt worden sind.

Was ist DENARASE®, und wie muss man sich die Funktionsweise dieses künstlichen Enzyms vorstellen? Wozu brauchen die Impfhersteller Ihr Produkt? Wo kann DENARASE® noch eingesetzt werden?

DENARASE® ist eine Nuklease, also ein Enzym, welches Nukleinsäuren wie DNA oder RNA gezielt spalten kann. Diese werden bei der Produktion von Impfstoffen aus dem Produktionswirt freigesetzt und müssen in der Reinigung der Impfstoffe quantitativ abgetrennt werden. Für die Herstellung von biologischen Impfstoffen werden Mikroorganismen oder Zellkulturen eingesetzt. Diese enthalten sehr viele Nukleinsäuren, die die Träger der Erbinformationen sind. DENARASE® wird auch in der Medikamenten-Produktion für die Herstellung von biologischen Wirkstoffen insbesondere in der Gentherapie eingesetzt.

In den letzten Monaten ist die Nachfrage nach DENARASE® sprunghaft angestiegen. Kann man sagen, dass alle relevanten, weltweiten Impfstoffprojekte in Sachen Corona mit Ihrem Produkt arbeiten? Rechnen Sie mit einer weiter steigenden Nachfrage nach DENARASE®, und können Sie die problemlos bedienen?

Weltweit gibt es mehr als 100 Impfstoff-Entwicklungsprogramme gegen den neuartigen Corona-Virus SARS-CoV-2, die auf unterschiedlichen Prinzipien aufbauen. Nicht bei allen Projekten ist der Einsatz von DENARASE® sinnvoll. Unsere Produkte werden insbesondere bei den Impfstoff-Programmen eingesetzt, die mit viralen Vektoren arbeiten. Hier arbeiten wir mit vielen pharmazeutischen Unternehmen zusammen und konnten bisher die Nachfrage immer problemlos bedienen. Wir haben Anfang dieses Jahres ein umfangreiches Vorhaben zur signifikanten Ausweitung unserer Produktionskapazitäten für die DENARASE®-Produktfamilie abgeschlossen, sodass wir für die erhöhte Nachfrage sehr gut vorbereitet waren.

Wie schätzen Sie als Wissenschaftler die Chancen ein, dass wir Mitte 2021 einen wirksamen Impfstoff gegen das Corona-Virus haben?

Angesichts der Vielzahl der Programme und des enormen Einsatzes der biotechnologischen und pharmazeutischen Industrie bin ich mir sehr sicher, dass mehrere wirksame Impfstoffe sehr bald eine Zulassung bekommen werden und dass dann im nächsten Jahr auch Impfdosen in sehr hoher Anzahl bereitstehen werden. Die Produktionen werden bereits jetzt hochgefahren.

Von Corona einmal abgesehen, in welchen Märkten kommen Produkte von c-LEcta hauptsächlich zum Einsatz?

Neben DENARASE® stellen wir noch andere Enzyme her, die bei der Herstellung von pharmazeutischen Wirkstoffen eingesetzt werden. Zum Beispiel im Bereich Krebstherapie. Neben der pharmazeutischen Industrie liegt ein weiterer großer Schwerpunkt auf dem Lebensmittel-Markt. So haben wir beispielsweise eine Technologie entwickelt, mit der ein neuartiger, natürlicher Süßstoff sehr effizient hergestellt werden kann. Das Produkt ist bereits in vielen Ländern zugelassen und seit 2018 am Markt. Mit dem Süßstoff lassen sich Getränke und Lebensmittel süßen, ohne dabei den Kaloriengehalt der Produkte zu erhöhen.

Gibt es konkrete Produktbeispiele aus der Lebensmittelherstellung, wo Sie sagen, da sind wir drin?

Unser natürlicher Süßstoff findet sich bereits in zahlreichen Produkten, die man im Supermarkt kaufen kann. Allerdings derzeit noch nicht in Europa, sondern eher in Südostasien und in den USA. Das liegt daran, dass wir in Europa noch keine Zulassung für das Produkt haben; da arbeiten wir dran, und diese Prozesse dauern leider in Europa immer etwas länger als in anderen Ländern. Zu den Produkten zählen Süßstoff-Tabletten für den Hausgebrauch, Molkerei-Produkte wie Joghurts oder Getränke sowie Softdrinks.

Können Sie etwas zu Ihrer Produktpipeline sagen? Welches Umsatzpotential sehen Sie da?

Wir arbeiten derzeit an ca. 15 Projekten zur Entwicklung neuer Produkte. Das sind zum einen Enzym-Produkte für den Einsatz im Bereich Food und Pharma. Zum anderen liegt ein weiterer Schwerpunkt auf dem Gebiet der Inhaltstoffe, der Ingredients. So arbeiten wir an der Entwicklung von Lebensmittel-Zusatzstoffen wie Präbiotika oder funktionalen Zuckern oder auch an einem kosmetischen Inhaltsstoff. Unser ehrgeiziges Ziel ist es, jedes Jahr mindestens ein neues Produkt auf den Markt zu bringen. Die Anwendungsmöglichkeiten für die Produkte unserer Entwicklungs-Pipeline sind sehr groß und liegen in Summe bei weit über einer Milliarde Euro.

c-LEcta ist seit mehr als 15 Jahren am Markt etabliert und erfolgreich. Sie haben das Unternehmen 2004 als Spin-off der Universität Leipzig gegründet. Ein mutiger Schritt. Deutschland ist ja nicht gerade als idealer Nährboden für innovative Start-ups bekannt, auch wenn sich das jetzt im Zuge von Corona vielleicht ändert. Woran fehlt es Ihrer Meinung nach hauptsächlich: Eigenkapital? Unternehmergeist? Risikobereitschaft?

Vielleicht von allem ein bisschen. Unsere Wettbewerber in den USA haben ein Vielfaches an Kapital bekommen wie wir. Trotzdem führt das nicht automatisch zu Erfolgsgeschichten, denn Risikokapital bringt hohe Rendite-Erwartungen mit sich, und die Mittel müssen demnach ausgesprochen effektiv eingesetzt werden. Vielleicht sind da ein bisschen deutsche Bodenständigkeit und Realismus auch ganz gut. Auf der anderen Seite müssen die Unternehmen ihre großen, aussichtsreichen Innovationen dann mit voller Kraft global umsetzen. Hier fehlt es meiner Meinung nach dann oft an Konsequenz und Ehrgeiz, auch auf der Unternehmerseite. Wir tun aber gut daran, wenn wir insbesondere von politischer Seite weiter daran arbeiten, die Rahmenbedingungen für innovative Startups in unserem Land signifikant zu verbessern.

Herr Dr. Struhalla, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.